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Lou

Leben

Lous Freundschaften und Bekanntschaften

Lou war eine aufgeschlossene, gebildete, geistreiche, interessierte und gut aussehende Frau, die überall, wo sie auftrat, die Aufmerksamkeit der Leute auf sich und viele von ihnen sogar in ihren Bann zog. Die Mehrheit dieser Leute waren seltsamerweise Männer, ob ledig oder verheiratet, die den Kontakt zu ihr und ihre Freundschaft suchten und sie verehrten oder unverhohlen begehrten. So ist die Liste dieser Freunde, Freundinnen und Verehrer sehr lang. Unter ihnen sind zum Beispiel auch die folgenden bekannten Persönlichkeiten:

Siehe auch Lous Berliner Freundeskreise (→ Berlin). Andere, für sie subjektiv wichtigere Erlebnisse wurden ihr möglich durch ihre Liebesbeziehungen (→ Liebschaften).

Sigmund Freud

Sigmund Freud gehört zweifellos zu den ideen- und einflussreichsten Ärzten und Psychologen der menschlichen Geistes- und Kulturgeschichte und zu denjenigen Menschen überhaupt, die durch ihr Denken und Wirken das Schicksal der Menschheit und den Gang der Geschichte revolutioniert und nachhaltig bestimmt haben. Freud SigmundEr wurde am 6.5.1856 als Sohn des jüdischen Kaufmanns Jakob Freud in Freiberg (Mähren) geboren und starb am 23.9.1939 in der Emigration in London. Als er drei Jahre alt war, kam er mit seiner Familie nach Wien und studierte dort ab 1873 Medizin. Bereits als Medizinstudent forschte er ab 1877 in dem Labor des berühmten Physiologen Ernst Wilhelm von Brücke (1819-1892). Hier lernte er auch Dr. Joseph Breuer kennen, mit dem er Freundschaft schloss und lange Jahre zusammenarbeitete (→ Breuer).

Nach seiner Promotion (1881) und Verlobung mit Martha Bernays (1882) arbeitete er als Arzt am Allgemeinen Krankenhaus in Wien (Wiener Universitätskliniken), wurde dort Nervenarzt und erlangte 1885 die Dozentur für dieses Fach (Habilitation). Danach unternahm er Studienreisen zu dem weltberühmten französischen Neurologen Jean-Martin Charcot in Paris, bei dem er die Problematik von hysterischen Lähmungen und die Hypnose kennenlernte. Nach Wien zurückgekehrt, eröffnete er eine nervenärztliche Praxis und heiratete Martha (1886). Ihr erstes Kind, die Tochter Anna Freud (1895-1982), begleitete seine Arbeit und Wissenschaft lebenslang und setzte sie nach seinem Tode for (→ Anna Freud).

Freud reiste 1889 zu dem französischen Internisten Bernheim nach Nancy und lernte von ihm die neuartige Methode der Psychotherapie durch Suggestion. Was er bisher bei Charcot und Bernheim gelernt hatte, konnte er in Wien zusammen mit seinem Freund und Kollegen Joseph Breuer anwenden und ausbauen, indem sie hysterische Lähmungen und andere hysterische Störungen durch Suggestion und Hypnose behandelten. Ihre Erfahrungen auf diesem Gebiete veröffentlichten sie in dem gemeinsamen Werk Studien über die Hysterie (1895), welches zum Ausgangspunkt der Freudschen Psychoanalyse werden sollte. Dies geschah dadurch, dass Freud nach dem Tode seines Vaters (1896) bei sich seelisch-körperliche Symptome verspürte, die er als Reaktion auf diesen Verlust betrachtete. Er glaubte, sie durch die Deutung seiner eigenen Träume verstehen und eventuell zum Verschwinden bringen zu können. Seine Bemühungen bildeten die Grundlage für sein bahnbrechendes Werk Die Traumdeutung (1900). Dieses Werk kann im Rückblick zweifellos als die Initialzündung für die gesamte psychoanalytische Theorie, Praxis und Bewegung angesehen werden, die seither die Welt stetig und nachhaltig verändert haben. Denn es handelt sich bei dieser Theorie und Praxis nicht nur um eine medizinisch-psychologische Methode der Deutung und Behandlung von krankhaften Störungen. Vielmehr sind sie bereits durch Freuds eigene, frühe Arbeit Zur Psychopathologie des Alltagslebens (1901) von Anfang an als Kritik und Umgestaltung der herkömmlichen Erotik und Sexualität angelegt und verstanden worden. Sein Grundpostulat besteht darin, dass eine durch moralisch-gesellschaftliche Traditionen und Instanzen auferlegte, repressive Moral der Erotik und Sexualität die psychische Unterdrückung und Verdrängung von erotisch-sexuellen Regungen ("Libido") zur Folge habe. Das psychisch Unterdrückte und Verdrängte gleite aber in das Unbewusste ab und bleibe dort als ein ständiger Gefahrenherd. So steuere die genannte repressive Moral, wie der Ödipuskomplex es zeige, über den Umweg des Unbewussten das menschliche Verhalten und auch seine Störungen und Krankheiten. Dementsprechend hat die Freudsche Schule von Anfang an und nachhaltig als Kultur- und Erziehungskritik und als Konstruktion einer neuen Moral, Erziehung und Gesellschaft fungiert ("Die Revolution der Sexualität").

Freund erfand das obengenannte Postulat nach seinen Beobachtungen, die er mit seinem Kollegen Joseph Breuer gemacht hatte, als sie gewisse neurologisch-psychiatrische Fälle (speziell: hysterische Lähmungen und andere hysterische Störungen) durch Gespräch und Suggestion in der Hypnose behandelt hatten. Freud nahm an, dass man durch Gespräch und Suggestion in der Hypnose an verborgene Spuren von Erlebnissen und Vorstellungen herankam, die wegen ihres gesellschaftlichen Verbotenseins und ihres unangenehmen Charakters unterdrückt und verdrängt worden und so in das Unbewusste hinabgetaucht und dadurch dem Bewusstsein entzogen waren. So kam er auf die Idee, statt der Beeinflussung des Unbewussten auf die bisherige Weise - durch Gespräch und Suggestion in der Hypnose - einen direkten Zugang zu dem Unbewussten zu schaffen dadurch, dass man den Patienten im Wachzustand auffordert, auf gewisse Fragen antwortend, jeden spontanen Einfall ohne jedes Unterdrücken und Verdrängen zu erzählen. Diese von ihm erfundene Grundmethode der Psychoanalyse nannte Freud die freie Assoziation. Das ist die berühmte Couch des Psychoanalytikers, auf der der Patient ohne Blickkontakt zu ihm liegt und seinen Einfällen freien Lauf lässt. So können, angeblich, auch in das Unbewusste verdrängte Erlebnisse, Gefühle, Vorstellungen und Gedanken wieder den Weg ins aktuelle Bewusstsein finden und artikuliert werden. Auf diesem Wege könne der Psychoanalytiker den Menschen auf der Couch wieder so herrichten, wie er ihn haben will (!).

Freuds Theorie ging zwar ursprünglich von den hysterischen Störungen aus. Aber sie war jetzt so allgemein formuliert, dass das gesamte psychisch-emotionale Befinden und Verhalten ihr Gegenstand war. Im Vordergrund standen die Neurosen. Die Theorie rief eine kontroverse Resonanz hervor. Am Anfang waren die Befürworter in der Minderheit. Ihre Zahl stieg stetig und die Theorie verbreitete sich wie ein Lauffeuer über die ganze Erde und wucherte darauf wild, wie das gewöhnliche Unkraut es auch tut. Auf diesem Boden entstand auch die Psychosomatik, die den Krankheiten eine Psychogenese ("psychische Entstehung") unterstellt.

Eine grundlegende Rolle in der Freudschen Tiefenpsychologie und der darauf gründenden Psychosomatik spielen der Sexualtrieb ("die Libido") und die Art und Weise, wie die Psyche mit den Impulsen der Libido, das heißt also mit den erotisch-sexuellen Regungen, Wünschen, Vorstellungen und Bedürfnissen umgeht und sie bewusst und unbewusst verarbeitet. Lapidar könnte man sagen, dass dieser Theorie zufolge "psychisch gestört wird jemand, dessen psychischer Umgang mit seiner Libido nicht in Ordnung ist" (Stichwort: Freunds berühmte Erfindung "Der Ödipuskomplex"). Lassen wir hier einmal das Problematische dieser Formel beiseite, weil sich andernfalls die ganze Formel verflüchtigen könnte. Aus ihr leitet die Freudsche Schule durch Umkehrschluss die Empfehlung ab, eine gestörte Psyche dadurch zu behandeln, dass man eine Korrektur dieses Umgangs mit der Libido und seiner Spuren im Unbewussten mittels der Psychoanalyse vornimmt. Die Couch des Psychoanalytikers ist der Ort dieser Korrektur durch die freie Assoziation, die der Psychoanalytiker gemäß seiner Theorie dirigiert.

Freuds Theorien der Libido und des Ödipuskoplexes faszinierten Lou Andreas-Salomé und bewogen sie dazu, ihn kennenzulernen und seine Psychoanalyse zu erlernen und anzuwenden. Der Kontakt mit ihm kam zunächst im September 1911 durch Lous Bekanntschaft mit Poul Bjerre zustande. Er war der Grundstein für den Aufbau einer lebenslangen freundschaftlichen Beziehung zwischen Freud und Lou bis zum Tode von Lou im Jahre 1937. Sie wird dokumentiert durch ihre umfangreiche Korrespondenz: Freud, S. und L. Andreas-Salomé: Briefwechsel. Herausgegeben von E. Pfeiffer, Frankfurt 1980.