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Lou

Liebschaften

 

Liebeleien

Lou und Poul Bjerre

Wie die meisten Männer, die Lou begegneten, war auch der schwedische Nervenarzt und Psychotherapeut Dr. Poul Bjerre (1876-1964) aus Stockholm von ihr auf den ersten Blick bezaubert. Er war zwar fünfzehn Jahre jünger als sie. Aber darin teilte er nur das Schicksal ihrer anderen Liebhaber.

Sie lernten sich im Spätsommer 1911 im Hause einer schwedischen Freundin von Lou kennen, der Schriftstellerin Ellen Key. Lou war dort von Mitte August bis Mitte September 1911 zu Besuch. Bjerre, ein entfernter Verwandter von Ellen Key aus Stockholm, kam auch dort einmal vorbei. Er war zwar verheiratet. Aber er verliebte sich augenblicklich in Lou. Ihre geistig-wissenschaftlichen Gespräche brachten sie mit der Zeit einander näher. Sie diskutierten miteinander über die Abgründe und Verirrungen der menschlichen Seele und ihre Ursachen. Bjerre machte sie mit der Freudschen Psychoanalyse (Tiefenpsychologie) bekannt, mit der er vertraut und beschäftigt war, und stellte ihr sein alternatives Gegenkonzept vor, das er Psychosynthese nannte. Am 21.9.1911 sollte in Weimar der dritte Kongress der Internationalen Psychoanalytischen Gesellschaft stattfinden, an dem er teilnehmen wollte, weil er dort einen Vortrag zu halten hatte. Sigmund Freud würde selbstverständlich anwesend sein. Lou packte die Begeisterung. Sie begleitete ihn dorthin. Zuvor waren sie einige Tage in Stockholm, wahrscheinlich bei Bjerre.

Bjerres Liebe muss wohl von Lou erwidert worden sein. Sie zogen jedenfalls durch ihr auffälliges Verhalten die Aufmerksamkeit der Teilnehmer auf sich. Nach dem Kongress kehrte er nach Stockholm zurück, sie reiste nach Berlin zu ihrer Freundin Helene Klingenberg. Aber sie besuchte ihn hin und wieder in Schweden und sie machten gemeinsame Reisen. Allerdings wurde Bjerre ständig von schweren Gewissensbissen geplagt. Seine Frau war unheilbar krank. Es war ihm bewusst, dass er ihr untreu wurde, von der er sich aber wegen ihrer Krankheit und Hilflosigkeit nicht trennen konnte und wollte. Solche Probleme hatte Lou nicht und sie verstand sie auch nicht. Ein solcher Mensch war in ihren Augen ein Zwangsneurotiker. So konnte die Beziehung zwischen ihnen allein schon aus diesem Grunde nicht von Dauer sein. Lou brach sie, wie immer, abrupt ab und beantwortete auch seine verzweifelten Briefe nicht mehr. Auf sein Drängen und Flehen hin sahen sie sich zum letzten Mal an Pfingsten 1912 auf der Insel Rügen. Lou bat ihn, alle ihre Briefe an ihn zu vernichten.